Vegetabile Skulpturen von Martin Schwenk | Knut Ebeling


Es gibt einen Text, in dem der französische Philosoph und Schriftsteller Georges Bataille sich mit der morphologischen Semantik der Blume beschäftigt. In "Le langage des fleurs" von 1929 stellt er fest, dass die Sprache der Blumen eine ambivalente ist: Während der oberirdische Teil der Pflanze sich durch Reinheit und Schönheit auszeichnet, spreche sich in der Wurzel das Gegenteil aus, ihre hässliche Dreckigkeit und wuchernde Richtungslosigkeit. Bataille fährt aus, dass die Pflanze, indem nur ihr oberer Teil in den Prozess der Zivilisation miteinbezogen werde, um ihre Materialität betrogen wird. Wenn man der ganzen Pflanze gerecht werden wolle, müsse man neben ihrer Überirdischen Schönheit auch ihre unterirdische Hässlichkeit repräsentieren.

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Das wuchern der Fiktionen parallel zur Natur | Heinz-Norbert Jocks


Für die Bildhauer, die von einer festen Vorstellung ausgehen, ist die Frage des Materials meist eher sekundär. Ganz anders das Vorgehen von Martin Schwenk. Bei ihm geht es weder darum, die Materialien in den Dienst einer über alles thronenden Idee zu nehmen und damit erstarren zu lassen. Noch will er einer Figur, die er sich zuvor imaginativ zurechtgelegt oder ausgedacht hat, zu einer konkreten Form und damit zu einer toten Existenz verhelfen.

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Spuren der Bewegung im beunruhigend schönen Zustand des Vorläufigen | Annelie Pohlen


Martin Schwenks Werk als künstlerischer Prozess

Das Atelier liegt in einem der gängigen Gewerbegebiete am Stadtrand, Gebiete, in deren Nischen sich allerhand Restfunktionen von Natur in trauter Zweisamkeit mit irgendwie für Bastler tauglichen Überbleibseln aus dem effizienzsüchtigen Produktionskreislauf finden. Ein locus amoenus für ein Laboratorium, das in seiner charmanten Mixtur aus Werkstatt und Gartenhaus einen drinnen und draußen überbordenden ‚Schmelztiegel' an Rohem, Halb-fertigem, Gekochtem beherbergt.

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Den Dingen ihr Geheimnis zurückgeben | Martin Hentschel


Schon über einige Jahre hinweg hatte Martin Schwenk an gegenstandslosen Skulpturen gearbeitet, eine Werkgruppe, die er leicht hätte fortschreiben können, wäre da nicht ein gewisses Gefühl der Unzufriedenheit gewesen. Das veranlasste ihn 1988 zu einem radikalen Schritt. An der Oberseite eines hellen, geschlossenen Quaders, der sich äußerlich nicht von seinen bisherigen Arbeiten unterschied, brachte er eine tiefe Aussparung ein. In diesen Hohlraum setzte er Wasserpflanzen und füllte ihn soweit mit Wasser, bis der Wasserspiegel mit der Haut der Plastik wieder eine Ebene bildete. Da der Quader in Augenhöhe angebracht war, konnte man das Innere zunächst nicht sehen. Allein die Dünnwandigkeit der Aussparung verursachte eine dunkle Färbung im Material, ein Rechteck, das sich wie selbstverständlich in die Planimetrie der Schauseite einfügte. Wer unterdessen näher trat, dem tat sich unter dem Wasserspiegel eine kleine aquarische Welt auf, etwas, das gänzlich unerwartet schien. Die Skulptur war durch und durch ambivalent: minimalistische Form und Aquarium in eins, und insofern markierte sie einen Bruch in Schwenks bisheriger bildhauerischer Konzeption.

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